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< Seeforelle oder Rheinstufen
8.04.13 15:01 Alter: 11 yrs

Breiter ist sicherer


Abflussexperiment - natürlich vs. künstlich

Den Fisch ans Laichgewässer "kugeln"

Spannende Diskussion zum Chancenrhein

Visionäres Geschenk vom Tagliamentofluss

 

 

Die geplanten Aufweitungen am Alpenrhein führen nicht zu mehr Risiken sondern bringen mehr Hochwassersicherheit. Für Tiere und Pflanzen entstehen neue Lebensräume, die Menschen werden sich über die schönen Landschaften mit hohem Erholungswert freuen. Dies ergab ein Gespräch an der Dornbirner Messe mit Dr. Markus Mähr von „Rhesi – Rhein Erholung und Sicherheit“.  By Andi Götz

 

 

Dr. Markus Mähr, seines Zeichens Projektleiter „Rhesi“ bei der Internationalen Rheinregulierung, war von der Plattform Lebendiger Alpenrhein zu einem Rundgang durch die Wanderausstellung „RheinLeben“ an der Dornbirner Messe eingeladen worden. Hinter der Plattform, welche die Wanderausstellung an der Messe präsentiert, stehen aus Österreich der Naturschutzbund Vorarlberg, aus der Schweiz der WWF und Pro Natura sowie aus Liechtenstein die Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz. Die Ausstellung will Sympathien für einen natürlicheren Alpenrhein wecken.

 

 

Eine Jahrhundertchance

Ursula Schelling von der Plattform Lebendiger Alpenrhein hatte ihre Führung durch die Ausstellung kaum begonnen, als ein älterer Besucher anfing, von seinen Erfahrungen mit dem Rhein zu berichten, von eigenen Erlebnissen und von dem, was man ihm als Kind erzählt hat: Wie weit der Rhein sich ins Tal hinein frass und warum die Dämme gebaut wurden, die den Rhein nun in ein Korsett zwängen. Damit war die Diskussion eröffnet, noch bevor das eigentliche Podiumsgespräch angefangen hatte. „Die geplanten Aufweitungen des Alpenrheins bringen mehr Sicherheit, nicht weniger“, machte Mähr klar.

 

Genau dies und vieles andere wird in der Wanderausstellung mit liebevoll gestalteten Modellen, schönen Fotos und verständlichen Texten gezeigt. Zum Beispiel: Was passiert, wenn man einen Liter Wasser in einen begradigten Mini-Kanal giesst, was passiert in einem revitalisierten, schlängelnden, langsameren, breiteren Gewässer. Die Demonstration ist eindeutig – wo weniger Energie und Tempo ist, wo das Wasser sich in der Breite verteilen kann, da haben die Anwohnerinnen und Anwohner weniger zu befürchten als dies heute beim begradigten Rhein der Fall ist.

 

Im Anschluss an den Rundgang durch die Ausstellung diskutierte Markus Mähr unter der Moderation von Richard Lehner mit Dr. Lukas Indermaur vom WWF St. Gallen und Mag. Bianca Burtscher vom Naturschutzbund Vorarlberg über die aktuellen Pläne am Alpenrhein. Die Gesprächspartner waren sich einig, dass das Projekt „Rhesi“ nichts weniger als eine „Jahrhundertchance“ ist. Mit Rhesi soll der Rhein gleichzeitig hochwassersicherer und naturnaher werden und für den stressgeplagten Menschen ein Naherholungsgebiet werden.

 

 

Konflikte müssen ausgetragen werden

Es ist unbestritten, dass die Aufweitungen mehr Natur und mehr Hochwassersicherheit bringen. Doch was passiert mit dem Grundwasser und wie geht man mit den Befürchtungen der Landwirte um? Genau dies mache seinen Job so spannend, berichtete Markus Mähr. Er verbringe nämlich einen grossen Teil seiner Arbeit damit, mit den Betroffenen zu reden, sie zu informieren, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

 

Konflikte zeichnen sich insbesondere mit der Landwirtschaft und mit den Trinkwasserversorgern ab. Ein natürlicherer Alpenrhein würde zu einer verbesserten Grundwasseranreicherung und Grundwasserqualität führen, aber für die Aufweitungen müssten auch einzelne Grundwasserbrunnen aufgelassen werden. In Anbetracht der enormen Menge von qualitativ hochwertigem Grundwasser im Alpenrheintal führt das zwar nicht zu Versorgungsengpässen. Das wirtschaftliche Interesse an der Grundwassernutzung sei aber enorm, die Widerstände deshalb verständlich. Durch eine gute Vernetzung unter den Gemeinden könnten jedoch Lösungen gefunden werden.

 

Dies gelte auch für die Sorgen der Landwirte, die man sehr ernst nehmen werde, denn für das Projekt sollen viele Flächen des Rheinvorlandes der Natur zurückgegeben werden. Hier sei der lange Zeithorizont eine grosse Hilfe: Frühestens in fünf oder sechs Jahren wird angefangen zu bauen, danach muss mit einer Realisierungsphase von rund zwanzig Jahren gerechnet werden. So werde kein Landwirtschaftsbetrieb von einem auf den anderen Tag um seine Existenz gebracht, man könne Lösungen von Fall zu Fall ins Auge fassen.

 

 

Kombivariante 1 als „untere Messlatte“

Lukas Indermaur und Bianca Burtscher nehmen diese Bedenken ebenfalls ernst und sind sich bewusst, dass solche Konflikte normal sind und ausgetragen werden müssen. Ebenso sind sie aber davon überzeugt, dass von den beiden vorgeschlagenen Varianten nur die weitergehende – Kombivariante 1 – realisierbar sei. Die schwächere Variante 2 biete für die Natur zu wenig und sei deshalb auf Grund der bestehenden Gesetzeslage in der Schweiz und Österreich nicht bewilligungsfähig. Für sie stelle diese erste Variante deshalb die „untere Messlatte“ dar, die an einigen Stellen sogar „noch etwas mehr Natur vertragen“ würde.

 

Die Diskussion zeigte, dass für ein solches Jahrhundertprojekt neben handfesten Argumenten auch Visionen gefragt sind. Diejenige von Projektleiter Markus Mähr knüpft an eine Stelle in Röthis an seinem „Lieblingsfluss“ Frödisch an: „Dass es am Alpenrhein so schön, lebendig und familienfreundlich ist wie an diesem Ort, das wäre meine Vision für den Rhein.“ Wenn das nicht ein tolles Schlusswort ist …