Ebbe und Flut am Alpenrhein stresst Fische

Im Einzugsgebiet des Alpenrheins gibt es fast vierzig Speicherkraftwerke. Bei hohem Strombedarf werden dort enorme Wassermengen turbiniert und dann abgelassen. Ist die Nachfrage nach Strom hingegen klein, wird das Wasser wieder im Stauraum zurückgehalten. Der Wasserspiegel schwankt dadurch im Alpenrhein mehrmals pro Tag um über 1 Meter. Diese künstliche Ebbe und Flut im Alpenrhein ist für die Fische und Kleintiere verherend.

 

Bei Flut (Schwall) werden Eier, Fischbrut und bodenlebende Organismen fortgeschwemmt und bei Ebbe (Sunk) auf Schotterflächen abgelagert, wo sie letztlich vertrocknen. Die starken Wasserschwankungen trüben zudem das Wasser. Dadurch werden Feinsedimente abgelagert, welche die durchlässige Flusssohle verstopfen. Daran ersticken die dort lebenden Fischeier, Larven und Wasserinsekten, die den Fischen als Nahrung dienen. Eine natürliche Fortpflanzung der Fische ist deshalb im Alpenrhein nicht möglich.

Der durch die Wasserkraftwerke verursachte Schwallbetrieb führt zu einem dramatischen Rückgang des Fischbestandes. Gesetzliche Regelungen zum Schwallbetrieb existieren bisher weder in der Schweiz noch in anderen Staaten. WWF Schweiz, Pro Natura und Fischer engagieren sich in der Schweiz intensiv für eine solche Gesetzesänderung.

 

Der Schwall muss reduziert werden

Wegen der negativen Auswirkungen des Schwallbetriebs im Alpenrhein fordern die IRKA (Internationale Regierungskommission Alpenrhein) und die IRR (Internationale Rheinregulierung) im Entwickungskonzept Alpenrhein eine Reduktion des Schwalls auf ein «ökologisch verträgliches Mass». Erst damit könnten andere geplante Massnahmen, wie die Gewässeraufweitungen, ihre volle Wirkung entfalten. Sie schlagen folgende Lösungen vor:

  • betriebliche Massnahmen bei den Kraftwerken
  • Ableitung des Schwalls in separate Kanäle, z.B. in Form eines Schwallausleitungskraftwerkes zwischen Reichenau - Mastrils
  • Ausgleichsbecken zur Schwalldämpfung neben dem Fluss, z.B. Schwallbecken bei Sarelli
  • neue Flusskraftwerke, die der Schwalldämpfung dienen, z.B. mit drei Laufkraftwerken zwischen Bad Ragaz - Maienfeld, Sargans-Fläsch und Trübbach-Balzers.

Priorität haben laut IRKA und IRR Schwalldämpfungs-Massnahmen, die so nahe wie möglich an dessen Entstehungsort erfolgen. Die neuen Flusskraftwerke würden zwar eine Schwalldämpfung bringen, andererseits aber die Lebensverhältnisse und Durchwanderbarkeit verschlechtern.



Keine neuen Flusskraftwerke

In ihrer Stellungnahme zum Entwicklungskonzept Alpenrhein unterstützen die Umweltorganisationen WWF, Pro Natura, LGU und Naturschutzbund Vorarlberg im Grundsatz die Ansicht der IRKA und IRR. Sie fordern:

  1. ein Verzicht auf die Laufkraftwerke, die gesamthaft zu einer ökologischen Verschlechterung führen
  2. zusätzlich zum Ausleitungskraftwerk zwischen Reichenau und Mastrils betriebliche Massnahmen bei den Kraftwerken und Schwalldämpfungsbecken bei den Anlagen selber. Mit einer Rückhaltekapazität von 3.0 Mio m3 (oder 0,46% des Stauvolumens der verursachenden Wasserkraftwerke) könnte der Schwall am Alpenrhein auf ein vertretbares Mass reduziert werden
  3. eine Machbarkeitsstudie, welche die verschiedenen Schwalldämpfungsmassnahmen bezüglich Vor-/ Nachteile und Kosten/Nutzen genau untersucht.
  4. eine juristische Prüfung, ob der allgemeine Rechtsgrundsatz des Verursacherprinzipes zur Anwendung kommen sollte. Für Folgeschäden, die ausserhalb der Konzessionsstrecke auftreten, sollte an sich der Verursacher aufkommen.